Sayı | Ausgabe: 269, 13.03.2024 | Gelecek sayı | Nächste Ausgabe: 10.04.2024

13.07.2021

Immer wieder ist die Rede vom Kampf der Generationen. Die Jungen können es nicht erwarten, dass sich die Alten aus dem Berufsleben zurückziehen. Die Alten wollen sich in das Leben der Jungen einmischen und spielen sich auf als Besserwisser. Doch ist das wirklich so?Immer wieder ist die Rede vom Kampf der Generationen. Die Jungen können es nicht erwarten, dass sich die Alten aus dem Berufsleben zurückziehen. Die Alten wollen sich in das Leben der Jungen einmischen und spielen sich auf als Besserwisser. Doch ist das wirklich so?Die Generation der „Über-50jährigen“ ist eine riesige Gruppe, da in den 50er und 60er Jahren sehr viele Kinder geboren wurden. Dieser Generation wird heute vorgeworfen, dass sie ihren Nachkommen eine kaputte und ungesunde Welt hinterlassen wird. Gibt es wirklich so große Gräben zwischen den Generationen? Mediziner, Psychologen, Sozialforscher und Wirtschaftswissenschafter glauben, dass der Krieg der Generationen ausfällt. Die 55- bis 75-jährigen befinden sich in einem guten Gesundheitszustand und haben den Wunsch, sich bis ins höchste Alter für die Allgemeinheit zu engagieren. Ältere Berufstätige geben gerne ihre Erfahrung und ihr Wissen an jüngere weiter. Viele PensionistInnen engagieren sich ehrenamtlich: Sie geben Nachhilfe, unterstützen Jungunternehmer, helfen beim Sprachen lernen, lesen Kindern Geschichten vor, helfen in Vereinen mit und so weiter. Aus den Regionen der Erde, wo die Menschen besonders alt werden ist bekannt, dass die alten Leute nicht nur von ihren Familien unterstützt werden sondern auch, so lange es geht, die Jungen unterstützen. Davon profitieren beide!Eine falsche, aber weit verbreitete Vorstellung lautet, dass von den mittleren Jahren an der körperliche und geistige Abbau droht. In Wirklichkeit geht es vielen älteren Menschen gesundheitlich sehr gut, viel länger als früher. In Deutschland und Österreich hat ein heute 65-Jähriger ein geringeres Risiko, an Demenz zu erkranken als in den 1990er-Jahren. Die Gefahr, an einem Herzinfarkt zu sterben, hat sich in den letzten 30 Jahren halbiert.Wir brauchen Strukturen, um die Fähigkeiten, Erfahrungen und Ideen der alten Menschen systematisch zu nutzen. 28 Prozent der PensionistInnen würden zum Nutzen aller umsonst weiterarbeiten, also ohne Lohn, das hat die Vermächtnis-Studie der Zeitung „die ZEIT“ ergeben.Wer voll arbeitsfähig in Pension geschickt wird, altert schneller. Unser Gehirn hat sich im Laufe der Evolution so entwickelt, dass es sich in Gemeinschaft mit anderen Gehirnen am wohlsten fühlt. Kommen wir mit anderen Menschen in ein Gespräch, ist unser Denkorgan zufrieden. Unfreiwilliges Alleinsein macht hingegen krank.An der Harvard-Universität wird seit 75 Jahren erforscht, wie man gesund und glücklich altert. Es wurden 268 StudentInnen nach ihrem Universitätsabschluss bis in die Pension begleitet. Die glücklichsten in all diesen Jahren waren zwei Lehrer, die ihr Wissen an die jüngere Generation weitergegeben haben, gute Freundschaften pflegten und sich auf ihre Familie verlassen konnten. Enge soziale Beziehungen verlangsamen den geistigen und körperlichen Abbau.Ich arbeite in einer Spitalsambulanz und lerne dort immer wieder Menschen zwischen 90 und 100 Jahren kennen, die noch recht fit sind. Ich frage schon seit einigen Jahren: „Wie machen Sie das, dass sie so gut und gesund so alt geworden sind?“ Die Antworten lassen sich so zusammenfassen: „ Ich habe ein zufriedenes Leben geführt!“ Ich finde das sehr beeindruckend.Jeder Mensch braucht Anerkennung durch andere, wir wollen respektiert werden. Ein Leben im Streit macht krank. Menschen, die große familiäre Konflikte haben, die sich oft über Jahre hinziehen, können nicht in Frieden sterben. Das zeigt sich immer wieder bei schwerkranken todgeweihten PatientInnen. Daher sollten wir uns bewusst machen, dass es allen Beteiligten hilft, zu verzeihen, einen Streit zu beenden, einfach auch einmal nachzugeben.In der großen „Vermächtnisstudie“ der ZEIT  wurden über 66-Jährige gefragt, ob sie zufrieden sind.  75 Prozent haben mit „Ja“ geantwortet, unter den Jüngeren waren es viel weniger.Der überwiegenden Mehrheit der über 85-Jährigen ist es wichtig, sich mit dem Leben von Jüngeren zu beschäftigen und sich für diese zu engagieren. Das Miteinander von Jung und Alt, Gespräche und gemeinsame Aktivitäten hinterlassen Spuren in der nächsten Generation, wir leben sozusagen in der nachfolgenden Generation weiter. Der englische Theologe John Donne schrieb im Jahre 1624: „Die ganze Menschheit ist ein Autor, eine Ausgabe desselben Buches. Stirbt ein Mensch, wird kein Kapitel aus dem Buch gerissen, sondern es wird in eine bessere Sprache übersetzt.“Das heißt, dass das Lebenswerk jedes Menschen die Basis für die Weiterentwicklung der nächsten Generation sein kann.

Köşe Yazarları | Autoren
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